Bertil Tungodden beim VBEN: Wie wichtig Fairness für einen funktionierenden Wohlfahrtsstaat ist

Am 25. April 2018 eröffnete der norwegische Verhaltensökonom Bertil Tungodden mit seiner Keyote „Fairness, Responsibility, and the Welfare State“ das erste Netzwerktreffen des „Vienna Behavioral Economics Network“ in diesem Jahr.

Im Bild vLnR: Speaker Bertil Tungodden, Speaker Martina Tiwald (Vorsitzende BJV), Foto: VBEN/APA-Fotoservice/Godany

In den Räumlichkeiten der Oesterreichischen Nationalbank präsentierte Tungodden, Professor an der Norwegian School of Economics und Co-Direktor der Forschungsgruppe „The Choice Lab“, viele spannende Ergebnisse aus seinen ausführlichen Forschungen zum Thema Fairness – unter anderem mit seinem Centre of Excellence FAIR (Centre for Experimental Research on Fairness, Inequality and Rationality) –, die den Wissenschaftler zu einem der anerkanntesten Experten auf diesem Gebiet machen.

Ungleich und trotzdem fair

Was Menschen als fair oder unfair empfinden, spielt eine zentrale Rolle bei der Architektur eines Wohlfahrtsstaates. Tungodden zeigte, wie wichtig Fairness für Menschen ist – und dass nachweislich die Hirnaktivitäten stark zunehmen, wenn jemand etwas unfair findet. Die Faktoren Glück und persönliche Verantwortung für das eigene Schicksal etwa sind essenziell dafür, wie wir Ungleichheit in der Gesellschaft bewerten. Der Reichtum anderer ist nicht zwingend unfair, er kann auch verdient sein.

Gerade in der Debatte rund um den Wohlfahrtsstaat sei es wichtig zu erkennen, wo die fairen und unfairen Ungleichheiten in der Gesellschaft liegen, so Tungodden. Eine essenzielle Frage sei auch, inwieweit Menschen für die langfristigen Konsequenzen ihrer in jungen Jahren getroffenen Entscheidungen verantwortlich gemacht werden sollen.

Internationale Fairness-Landkarte

Dabei gab Tungodden zu bedenken, dass Fairness in unterschiedlichen Ländern teils sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. So hätte man in Norwegen beispielsweise ein ganz anderes Gefühl für Fairness als in den USA. Um diese internationalen Unterschiede vergleichbar zu mache, arbeitet Tungodden gemeinsam mit weiteren Forschenden an einer weltweite „Fairness-Landkarte“ anhand von evidenzbasierten Daten. Auch dieUni Wien ist daran mit einem Team beteiligt.

Faire Chancen für alle

Die große Bedeutung von Fairness für die Gesellschaft betonte in der anschließenden Diskussion mit Tungodden auch Martina Tiwald, Vorsitzende der Österreichischen Bundesjugendvertretung (BJV), die landesweit 53 Kinder- und Jugendorganisationen vertritt. Die Fairness-Frage ist entscheidend in Hinblick darauf, wie der Wohlfahrtstaat von morgen aussehen soll, sagte Tiwald.

Dem pflichtete Petr „Peko“ Baxant, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats (SPÖ), bei. Er betonte außerdem, wie wichtig die Verhaltensökonomie für die Politik sei, denn immerhin sei diese dafür zuständig, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Menschen faire Chancen bekommen.

 


Save the date: 5. Juni 2018

Das nächste Treffen des „Vienna Behavioral Economics Network“ findet am 5. Juni 2018 statt. Als Keyotespeaker werden dann Gerhard Fehr, CEO und Executive Behavioral Designer von FehrAdvice& Partners und der österreichische Verhaltensökonom Martin Kocher zum Thema „Sucht, Verlangen und Freiheit“ zu Gast sein.

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