Verhaltensökonomie und Rauchen: Warum soziale Normen schwer zu ändern sind

Das Thema Rauchen polarisiert nach wie vor die Öffentlichkeit. Das zeigte einmal mehr auch die Diskussion beim Vienna Behavioral Economics Network (VBEN) am 5. Juni 2018 mit Martin Kocher und Gerhard Fehr.

Foto: VBEN/APA-Fotoservice/Krisztian Juhasz

Menschen neigen zu Süchten. Und in einer freien Gesellschaft ist Suchtverhalten in vielen Zusammenhängen auch akzeptiert, etwa beim Alkoholkonsum – und nicht zuletzt auch beim Rauchen, das in Österreich seit dem Kippen des allgemeinen Rauchverbots in der Gastronomie zu erhitzten Debatten führt.

Moderiert von Esther Mitterstieler (Chefredakteurin NEWS) diskutierten am 5. Juni 2018 im Rahmen des Vienna Behavioral Economics Networks die Verhaltensökonomen Martin Kocher (Leiter des Instituts für Höhere Studien IHS) und Gerhard Fehr (CEO und Executive Behavioral Designer von FehrAdvice & Partners) zum Thema „Sucht, Verlangen und Freiheit“.

Die zentralen Fragen dabei: Wie viel Regulierung will eine Gesellschaft? Und welche Maßnahmen könnten sonst noch helfen, die Menschen von einem Verhalten abzuhalten, das der Allgemeinheit oft hohe Folgekosten beschert?

Wer bezahlt die Folgekosten?

Gerhard Fehr zeigte ein ebenso simples wie effektives Framework, um zu bewerten, wo reguliert werden sollte – und wo nicht: „Tragen Menschen die Kosten ihrer Entscheidungen selbst?“, fragte er. Wenn ja, sei keine Regulierung erforderlich. Wenn nein, dann solle der Staat eingreifen, um die Kosten für die Gesellschaft zu senken.

Fehr und Kocher zeigten sich einig, dass Verbote allein die Menschen nicht von Süchten wie dem Tabakrauch abhalten. „Rauchen wurde in Österreich sehr lange als soziale Norm angesehen“, so Kocher. Und soziale Normen könne man nicht durch Verbote allein verändern. „Wir sollten den Menschen allerdings helfen, ihre Süchte besser zu kontrollieren – oder gar nicht erst süchtig zu werden.“

Die Gründe, warum es für Menschen so schwer ist Süchten abzuschwören, liegt in tief verwurzelten Verhaltensmustern. Wir wissen zwar prinzipiell, dass Rauchen schädlich ist, doch verhaltenspsychologische Biases hindern uns daran, dieses Wissen in die Tat umzusetzen. Menschen glauben tendenziell, dass sie von negativen Ereignissen weniger betroffen sind als andere. Sie verschieben Entscheidungen gerne auf morgen. Sie können Risiken nicht richtig abschätzen. Und sie stehen unter großem Einfluss von Gewohnheiten und sozialen Faktoren.

Rauchverbote in der Gastronomie schaden niemandem

Die Diskussion der Verhaltensökonomen kreiste auch um das gekippte allgemeine Rauchverbots in der Gastronomie.  „Es gibt keine Evidenz, dass ein Rauchverbot in der Gastronomie für nennenswerten Einbußen sorgt‘“, erklärte Martin Kocher. „Im Gegenteil, es gibt sogar Hinweise darauf, dass es positive Auswirkungen auf die Umsätze haben kann“.

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